Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Sie sitzen noch leicht verschlafen und nichtsahnend an Ihrem morgendlichen Kaffee. Plötzlich wird Ihre Türe aufgestoßen und uniformierte Herren stellen Ihr Haus auf den Kopf und schnüffeln an allem, was ihnen vor die Nase kommt. Sie haben glücklicherweise die Reste Ihres Kaffees noch schnell runterstürzen und die Packung mit den Bohnen aus dem Fenster werfen können – denn genau das ist es, was die Herren suchen: Kaffee!
Das hätte Ihnen in Preußen zu Beginn der 1780er Jahre blühen können. Aber von vorne: Entgegen aller Vorurteile und Sorgen über das Getränk, welches aus unserem heutigen Alltag kaum wegzudenken ist, setzte sich Kaffee im Laufe des 18. Jahrhunderts zunächst in den erlesenen Kreisen der Gesellschaft durch. Doch auch in weiten Teilen der einfachen Bevölkerung erfreute sich das Getränk zunehmender Beliebtheit. Trotz der Weisung, das einfache Volk solle lieber Bier trinken und damit die heimische Wirtschaft ankurbeln, setzte sich der Kaffee auch in Preußen durch.
Die preußische Staatskasse war durch Kriege, Missernten und andere Probleme zu Beginn der 1780er Jahre stark gebeutelt. König Friedrich II., auch „Friedrich der Große“ genannt, sah sich gezwungen, diverse Luxussteuern auf Salz, Tabak, Perücken und auch Kaffee zu erheben. Besonders beim Kaffee lag für ihn das Problem darin, dass Unmengen an Geld ins Ausland und nicht in die heimischen Kassen flossen. Doch die Besteuerung, die bis zu 150 Prozent des eigentlichen Kaffeepreises ausmachte, erwies sich als unzureichend: Der Schmuggel florierte! Selbst geringe Mengen ungerösteter Kaffeebohnen brachten so viel Geld ein, dass der Kaffeeschmuggel für viele Menschen lukrativer wurde, als ihren eigentlichen Berufen nachzugehen.
Diese unerfreulichen Entwicklungen konnte der König natürlich nicht tolerieren, sodass er den Kaffeehandel per Edikt am 21. Januar 1781 nach dem Vorbild Englands monopolisierte. Dort wurde Kaffee seit einiger Zeit hoch besteuert, mit drastischen Einfuhrzöllen belegt und durfte nur geröstet verkauft werden. Doch selbst das war dem großen Friedrich nicht genug: Das Rösten war in Preußen fortan nur noch an von ihm bestimmten Orten erlaubt, außer für den Adel, das Militär, die Geistlichkeit, höhere Beamte und weitere von ihm bevorzugte Personen. Gebrannter Kaffee durfte nur an konzessionierten Stellen in Berlin und den Provinzen an das Volk verkauft werden – dort aber natürlich zu völlig überhöhten Preisen!
Doch weil diese Maßnahmen nicht ausreichten, um dem weit verbreiteten Kaffeeschmuggel entgegenzuwirken, stellte der König kurzerhand 400 Veteranen aus dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) ein, die als Kriegsinvaliden keine Beschäftigung hatten. Diese uniformierten Herren wurden bestens entlohnt, sollten illegal gerösteten Kaffee erschnüffeln, Schmuggler stellen und hohe Strafen einkassieren. Im Volksmund als „Kaffeeriecher“ bekannt, waren diese sogar dazu befugt, Häuser zu durchsuchen und Leibesvisitationen durchzuführen. Die sehr unbeliebten Schnüffler waren bis 1787 im Einsatz, sprengten das eine oder andere Kaffeekränzchen und rückten arglosen Menschen auf den Leib. Dem Schmuggel aber konnten sie nicht nennenswert Einhalt gebieten.
Kaffee wurde erst nach dem Tod Friedrichs II. geringer besteuert und wieder für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich. Erst diese Maßnahme erhöhte letztlich auch die ersehnten Steuereinnahmen – doch da war es schon zu spät für seine Majestät.
(A. M.)