Die »Tulpenmanie« war die erste gut dokumentierte Spekulationsblase der europäischen Geschichte. Der Tag, an dem der Zusammenbruch dieses geschickt aufgebauten Gebildes begann, war der 3. Februar 1637 und es lohnt sich, einen Blick auf die Vorgeschichte dieses Ereignisses zu werfen, um es zu verstehen.

Ursprünglich stammt die Tulpe aus dem südöstlichen Mittelmeerraum, von wo sie Mitte des 16. Jahrhunderts über das Osmanische Reich und Konstantinopel an den Hof zu Wien kam.

Wahrscheinlich war es Ogier Ghislain de Busbecq, der habsburgische Botschafter am Hofe Süleymans I., der Kaiser Ferdinand I. die ersten Tulpen als Geschenk überreichte und von ihm stammt auch eine der ersten schriftlichen Aufzeichnungen über die »Tulipan«, wie er sie nannte.

 

Uns mag es heute seltsam erscheinen, dass diese Blume ein solches Maß an Hingabe hervorrief, aber man muss sich einmal in den »Geist« dieser Zeit versetzen. Denn die Tulpe war eine exotische Pflanze, die nicht nur dekorativ und äußerst schön war, sondern deren Pflege und Aufzucht sich als sehr anspruchsvoll erwies und die daher nur für einen bestimmten Personenkreis geeignet erschien.

Doch war es im Gegensatz zu so vielen Dingen in der Geschichte nicht den Reichen und Adeligen vorbehalten, sie allein aufgrund ihrer finanziellen Kraft für ihren Personenkreis zu beanspruchen, sondern die Aufzucht verlangte vor allem nach Zeit und Hingabe und so war es auch Liebhabern möglich, »exklusive« Schöpfungen zu kreieren.

Mittelpunkt dieser Manie waren die Niederlande, die Anfang des 16. Jahrhunderts in ihr »Goldenes Zeitalter« eintraten und wo es genügend Kapital und Zeit gab, um sich diesem Spiel hinzugeben. Nicht zuletzt auch deshalb gab es hier eine Reihe an Künstlern, die diese Leidenschaft in Bildern zu verewigen suchte, etwa Ambrosius Bosschaert d. Ä., Balthasar van der Ast oder Roelant Savery.

Dabei waren es die kurze Blühdauer und das schnelle Vergehen der Pflanze, die sie zu einem Zeichen eines »Memento Mori« (»Sei dir der Sterblichkeit bewusst«) machten und in deren Sinne sie auch von den Künstlern in ihren Werken verwendet wurde.

 

Hier in den Niederlanden gab es auch die wichtigsten Züchter und Sammler und bis 1650 kannte man bereits 800 verschiedene Tulpensorten, wobei die beliebtesten Sorten nicht einfärbig, sondern geflammt, gestreift oder gesprenkelt waren. Da die verschiedenen Tulpenzüchtungen so beliebt waren, konnte es nicht ausbleiben, dass sie zu einem beliebten Objekt von Spekulanten wurden. Schon in den 1620er Jahren konnten für einzelne Sorten sehr hohe Preise erzielt werden, doch in den nächsten Jahren sollten sich diese schon hohen Erträge noch vervielfachen.

So wurde eine Zwiebel der Sorte »Semper Augustus« im Jahr 1623 für 1.000 Gulden verkauft, 1633 bereits für 5.500 Gulden und 1637 wurden für drei Zwiebeln 30.000 Gulden geboten. Ein beachtlicher Preis, wenn man bedenkt, dass das jährliche Durchschnittseinkommen in den Niederlanden bei 150 Gulden lag und die teuersten Häuser an der Amsterdamer Gracht für etwa 10.000 Gulden erworben werden konnten.

Doch am 3. Februar 1637 sollte der Höhepunkt der Tulpenmanie überschritten sein. An diesem Tag wurden bei einer öffentlichen Versteigerung von 99 Posten an Tulpenzwiebeln noch rund 90.000 Gulden erzielt, doch zwei Tage später begann ein massiver Preisverfall und bei einer der regelmäßigen Versteigerungen in Haarlem konnte keine der angebotenen Tulpen zu den erwarteten Preisen verkauft werden. Daraufhin sollte innerhalb von wenigen Tagen der gesamte Tulpenmarkt der Niederlande einbrechen und der Marktwert dauerhaft um mehr als 95% zurückgehen.

Lange Zeit galt daher das Platzen dieser Blase als große Tragödie in der Geschichte der frühen niederländischen Wirtschaftsgeschichte, doch heute gehen Forscher davon aus, dass die Auswirkungen eher kultureller als finanzieller Art waren. Denn es gab im Zusammenhang mit dem Platzen dieser »Blase« nur wenige direkte Bankrotts und auch keinen wirtschaftlichen Abschwung, wohl aber sank das Vertrauen in den freien Markt und für strenge Calvinisten war diese »Tragödie« ein Sinnbild dafür, wie die humanistische Tradition des Maßhaltens durch Spekulationen verletzt werden konnten.